Kommentar zur PKW-Maut: Von der Realität eingeholt

Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, überlässt die Führung einem Audi

Was sich seit Monaten abzeichnete ist nun Realität: Wegen des bereits verabschiedeten Gesetzes zur Pkw-Maut leitet die EU-Kommission jetzt ein Verfahren gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof ein. Laut Kommission diskriminiere die Bundesrepublik ausländische Autofahrer, weil diese – im Gegensatz zu den Deutschen, die ihre Kfz-Steuer um exakt den Mautbetrag gekürzt bekommen – kein Chance hätten, der Straßenbenutzungsgebühr zu entgehen. Außerdem seien die Preise für Kurzzeitvignetten im Vergleich zu anderen europäischen Staaten unverhältnismäßig hoch.

Trotz mehrfacher schriftlicher Aufforderungen seit November 2014 durch die Kommission und einiger Brüsseler Diplomaten habe sich die deutsche Regierung keinen Millimeter bewegt, schrieb die EU-Kommission in ihrer Begründung der Klage. Daher sei ihr zum Schluss keine Möglichkeit mehr geblieben, als vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu ziehen. Wie die Tageszeitung „Die Welt“ schrieb, hatte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker noch im April Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt konkrete Vorschläge präsentiert, wie die Bundesregierung das Prestigeprojekt der CSU doch noch umsetzen könnte. Die Idee der Kommission: Der Minister könnte die deutschen Autofahrer doch im Gegenzug zur Maut über eine höhere Pendlerpauschale für Fahrten zur und von der Arbeit entlasten oder über eine niedrigere Spritsteuer.

Doch Dobrindt blieb stur. Hatte er noch zu Beginn der EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc mitgeteilt, „dass sie ihre Vorstellungen knicken kann“, legte er jetzt in punkto Arroganz noch einen drauf. „Wir sind gerüstet für die Auseinandersetzungen beim EuGH“, tönte er jetzt in Berlin so, also ob er das Urteil der Richter jetzt schon kenne. Siegessicher verkündete er: „Die Entscheidung wird zu unseren Gunsten ausfallen, so dass dann die technische Umsetzung der Infrastrukturabgabe erfolgen kann. Je schneller, umso besser.“ Was er hinzufügte, klang unangenehm nach Oberlehrer-Manier: „Ich habe in den vergangenen Monaten mehr als deutlich gemacht, dass ich die Verzögerungstaktik nicht akzeptieren kann. Es hat sehr danach gerochen, mit purer Absicht eine Entscheidung am Europäischen Gerichtshof zu verzögern und zu verhindern. Es gibt offensichtlich eine unterschiedliche Rechtsauffassung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der EU-Kommission – ok, aber dann wird die da geklärt, wo sie geklärt werden muss – und das ist der EuGH.“ Das klingt nach bajuwarisch-stillosem Stammtisch-Sprech und nicht nach verbindlicher Diplomatie, die angebrachter wäre.

Bei seinem Amtsantritt hat der Minister unter anderem einst geschworen, dass er seine „Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren“ und „Schaden von ihm wenden“ wolle. Mit seiner nass-forschen Art gibt er jetzt Deutschland eher der Lächerlichkeit preis. (Von Hans-Robert Richarz)

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  • Alexander Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, überlässt die Führung einem Audi: Auto-Medienportal.Net/Audi

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